Demokratie funktioniert in der Kunst nicht! – Eleanore Catton im Interview

von Nordinsel, Südinsel

Zu Weihnachten habe ich von Freunden die – mir bis dahin unbekannte – Interview-Zeitschrift „Galore“ und ein thematisch dazugehöriges Buch geschenkt bekommen. Zu erst habe ich ein wenig irritiert die Präsente angenommen. Nach dem Auspacken war die Lese-Vorfreude dann ziemlich groß.

Die Zeitschrift Galore hat in Ihrer Dezember/Januar Ausgabe die neuseeländische Schriftstellerin  Eleanore Catton interviewt. Mit ihrem zweiten Werk hat sie sich direkt in die Herzen der Literaturkritiker geschrieben und den renommierten englischen Booker-Prize gewonnen.

Im Interview mit Eleanore Catton kommt das scheinbar schwierige Verhältnis von Neuseeländern zur Literatur und vor allem zum persönlichen Ruhm zur Sprache. Wer das neuseeländische „Tall Poppy“ Syndrom bis dahin noch nicht kannte, erhält durch das Interview neue Einblicke in das gesellschaftliche und politische Leben. Da mir der geschriebene Dialog so gut gefallen hat, habe ich den Verlag kurzhand angeschrieben und gebeten ein paar Zeilen vom Inhalt veröffentlichen zu dürfen. Hier findet ihr nun einige Ausschnitte aus dem Interview, dass die Autoren Ralph Krüger und Markus Hockenbrink mit Eleanore Catton geführt haben.

„Demokratie funktioniert in der Kunst nicht.“

Neuseeland-erleben
Frau Catton, für manche neuseeländischen Begriffe gibt es im Deutschen keine Entsprechung. Können Sie uns erklären, was das „Tall Poppy Syndrome“ ist?

Eleanore Catton
Dazu muss man wissen, dass Neuseeland ein Land mit einer sehr stark ausgeprägten egalitären Geschichte ist, in dem eine gewisse Angst vor Unterschieden herrscht. Egal, ob jemand sich nach oben oder nach unten vom Rest der Gesellschaft abhebt, beides wirkt schnell bedrohlich auf unsere Kultur. Der Ausdruck „Tall Poppy Syndrome“ beschwört das Bild einer Wiese herauf, die von einer hochgewachsenen Mohnblume, der „Tall Poppy“, überragt wird. Die Mohnblüte, so der Gedankengang, nimmt den Gräsern das Sonnenlicht weg, das eigentlich auf sie fallen würde. Natürlich ist die Mohnblume im Zweifel die schönere Pflanze, aber nach der neuseeländischen Mentalität muss sie abgeschnitten werden, denn es ist wichtiger, dass jeder den gleichen Teil Licht abbekommt, als dass man sich an einer schönen Blüte erfreut.

Neuseeland-erleben
Anfang dieses Jahres wurden Sie vielfach und sehr unvorteilhaft mit der hochgewachsenen Mohnblume verglichen. Was ist da passiert?

Eleanore Catton
Jede Art von Erfolg, die einem international zuteil wird, wird in Neuseeland leicht gereizt aufgenommen. Der Booker-Preis, mit dem ich vor zwei Jahren ausgezeichnet worden bin, ist im Prinzip eine ziemlich britische Angelegenheit: Um in die Auswahl zu kommen, muss man sein Buch in Großbritannien veröffentlicht haben. Bevor ich den Preis verliehen bekommen habe, waren die Kritiken in Neuseeland nicht direkt kritischer, wohl aber hässlicher als überall sonst, was in meinen Augen eine gewisse kunstfeindliche Haltung zum Ausdruck bringt: Bestätigung verschafft man sich gerne auf negative Art und Weise. Ich bin aber der Meinung, dass es bei Kritik darum geht, etwas verstehen und durchdringen zu wollen, und nicht bloß darum, etwas schlechtzumachen. Und echte Kritik nehme ich in Neuseeland leider nicht wahr, jedenfalls nicht in einem kulturell institutionalisierten Sinn.

Neuseeland-erleben
Welcher Mechanismus ist da Ihrer Meinung nach am Werk?

Eleanore Catton
Ich denke, in Neuseeland sind unverblümt sprechende Künstler von internationaler Beachtung bisher weitgehend ohne Präzedenz. Das Land sieht sich selbst vor allem als restlos begeisterte Sportnation, was teilweise merkwürdige Blüten treibt. Als Neuseeland 2012 Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse war, ist unser stellvertretender Premierminister extra eingeflogen worden, um eine Rede über neuseeländische Literatur zu halten. Seine Rede begann dann folgendermaßen: „Neuseeland ist eine Sportnation – aber es ist auch eine Literaturnation.“ Alle haben sich gefragt, warum der verrückte Mann den Sport erwähnt, der auf einer Buchmesse ja wohl vollkommen irrelevant ist. Aber weil Neuseeland so klein, so weit weg und historisch gesehen so jung ist, entsteht leicht das Gefühl dreifach unwichtig zu sein. Wenn sich unser Land dann mit anderen subjektiv vergleichen muss, werden wir unsicher. Sport dagegen ist nicht subjektiv, sondern objektiv. Es gibt Regeln und Ergebnisse, man gewinnt oder man verliert. Das wirkt auf meine Landsleute sehr entspannend, ganz anders als es bei Kunst der Fall ist, die ja durch und durch subjektiv ist.

Das ganze Interview lest ihr im Magazin.

Zum Magazin

GALORE-Ausgabe-11-2015Im Handel wird es die Ausgabe 11 (Dezember/Januar) wahrscheinlich nicht mehr geben. Wer das ganze Interview trotzdem lesen möchte, kann sich direkt an den Verlag wenden und das Heft bestellen: info@galore.de. Es kostet nur 4,50 Euro. In diesem Preis ist u.a. auch ein Interview mit Jan Böhmermann enthalten – welches sich ebenfalls wirklich lohnt :). Schaut einfach mal vorbei unter www.galore.de Und wenn ihr das komplette Interview gelesen habt, dann wisst ihr auch welches Buch mir dazu geschenkt wurde, es ist der zweite Roman von Eleanor Catton, „Die Gestirne„. Noch liegt es sorgsam eingeschlagen auf meinem Nachttisch. Wie es mir gefallen hat, erzähe ich euch später. Für den 1.000 Seiten Wälzer benötige ich doch ein wenig Zeit. Hat jemand von euch zufällig das Buch schon gelesen?

Zur Person

Eleanor Catton wurde am 25. September 1985 in London, Kanada geboren, wo ihr Vater an der University of Western Ontario studierte. Als Catton sechs Jahre alt war, zog die Familie nach Neuseeland. Nach einem Studium in Christchurch und Wellington veröffentlichte die Schriftstellerin 2008 ihren Debütroman „The Rehearsal“. Fünf Jahre später folgte „Die Gestirne“, für das Catton mit dem prestigeträchtigen [→ Booker-Preis ausgezeichnet wurde. Zusammen mit ihrem Verlobten, dem amerikanischen Dichter Steven Toussaint, lebt sie in Auckland.

Wenn dir der Beitrag gefällt, teile ihn mit deiner Welt:

Hier gibt’s weiteren Lesestoff:

Rauf auf den Rocky Mountain!

Rocky Mountain und Neuseeland? Ja richtig und es liegt keine Verwechslung vor. Auf Neuseeland ist ja bekanntlich (fast) alles möglich. So auch eine Wanderung auf den Rocky Mountain. Was die Kanadier und Amerikaner in der Mehrzahl haben, besitzen die Neuseeländer in der Einzahl.

Rundreise Neuseeland: Einmal hin, alles drin

Ihr möchtet die Nord- und die Südinsel Neuseelands in einer Reise sehen? Nutzt unseren Routenvorschlag und lasst euch inspirieren.

Die schönsten Rundungen Neuseelands – Moeraki Boulders

Steine, Steine, nichts als Steine. Auf dem Strandabschnitt bei Hampden – 50 km vor Dunedin – muss vor Urzeiten ein Boule-Platz gewesen sein. Die runden Steinkugeln liegen verstreut im Sand herum. Einzeln oder in Gruppen – ganz intakt oder schon von der Zeit gezeichnet. Dies müssen die bekannten Moeraki Boulders sein.

Neuseeland-Feeling – her mit dem Wein!

Einen lauen Sommerabend ohne einen vollmundigen Weißwein, ist möglich, aber nicht erstrebenswert. Wir stellen euch drei wunderbare Weine für den Sommer vor.

Sonnenuntergang in Neuseeland

Selbst der Sonnenuntergang in Neuseeland ist spektakulär. Eine Auswahl an Impressionen findet ihr hier.

Weltklasse: Neuseeländischer Wein & ein deutscher Sommelier

Neuseeländische Weine sind ganz besonders gute Tropfen. Woher das kommt, erklärt euch Markus, ein junger Sommelier aus München.

Arthur’s Pass: Atemberaubende Ausblicke!

Der Weg an die Westküste der Südinsel führt (auch) über den Arthur’s Pass. Tolle Ausblick, stille Seen und eine Passstraße, die es in sich hat, warten auf euch!

Wenn dir der Beitrag gefällt, teile ihn mit deiner Welt:

Lindis Pass – Fernsicht in braun-gelb

Pass-Straßen sind auf Neuseeland elementare Verbindungswege, gerade auf der Südinsel verbinden die längeren Passwege die abgelegene West-Seite mit der lebendigen Ost-Seite. Einer der höchsten Pass-Straßen läuft jedoch von Norden nach Süden und stellt auf kürzestem Weg die Verbindung zwischen den Städten Christchurch mit Queenstown her: der Lindis Pass.

Südinsel Neuseeland – Reiseroute 2023

Die Südinsel Neuseelands bietet unzählige Möglichkeiten zum Wandern und Natur erleben. Für die Reiseplanung im Jahr 2023 habe ich eine Übersicht erstellt, die euch helfen soll, den einen oder anderen Ort zu entdecken.

5 Seen die ihr auf Neuseeland gesehen haben müsst!

Neuseeland hat unglaublich viele Seen mit unglaublich vielen Farben. Von dunkelbau bis smaragdgrün. Die schönsten Seen haben wir euch hier einmal aufgelistet!

Tourenvorschlag: Von Orewa nach Russell

Der Weg von Orewa Richtung Bay of Islands ist wunderschön, wenn man nicht auf der SH 1 fährt. Unser Tourenvorschlag für euch!

i-Sites – Übersicht und Karte der Nordinsel

Hier geben wir euch eine Übersicht über die iSite-Vertretungen auf der Nordinsel

Neuseeland erleben: Was kostet der Spaß?

Neuseeland ist für viele Menschen ein Traumziel, was die aktuelle Statistik von Tourism New Zealand bestätigt.
Doch was kostet so eine Traumreise? Wir zeigen auf, mit welchen Kosten und in welcher Höhe ihr rechnen könnt.

Tourenvorschlag: Von Russell nach Cape Reinga

Dieser Tourenvorschlag von Russell nach Cape Reinga führt an der Ostküste der Nordinsel Neuseelands vorbei an karibischen Sandstränden und malerischen Orten.

Waitomo Caves – Glühen im Dunkeln

Knappe 200 km südlich von Auckland entfernt, liegt ein komplett verschlafenes Nest, Waitomo. Doch tausende Besuchen es täglich. Die Attraktion sind ein Höhlensystem, die Waitomo Caves.

ANZAC Day – Nationalfeiertag am 25. April

Der ANZAC Day am 25. April ist ein wichtiger Nationalfeiertag in Neuseeland. An diesem Tag gedenken sie ihren gefallenden Soldaten in den beiden Weltkriegen

Tongariro Alpine Crossing – Tanz auf dem Vulkan

Es ist heiß, der Weg ist steinig und die Sonne brennt. Willkommen zum Tongariro Alpine Crossing – dem bekanntesten 1-Tages Marsch Neuseelands.

Rundreise: In 18 Tagen um die neuseeländische Nord- und Südinsel

Ja ihr habt richtig gelesen, in 18 Tagen um die Nord- und Südinsel. Es war nicht einfach, dennoch haben wir eine Strecke für 3 Wochen für euch erarbeitet.

Mount Taranaki – der majestätische Vulkanriese

Der Vulkan Mount Taranaki ist ein Außenseiter – in jeder Hinsicht. Er liegt auf der vulkanisch aktiven Nordinsel, entzieht sich jedoch der vorgegebenen Vulkan-Linie. Er ist klassisch rund, majestisch hoch und protzt gerne mit seinem Single-Dasein. Und er bietet jede Menge Aktivitäten!

Zerstörte Schönheit: Waimangu Volcanic Valley

Der zerstörenden Wut eines Vulkans sind weder Natur noch Mensch gewachsen. Diese Erfahrungen bezahlten 1886 über 150 Einwohner der umliegenden Dörfer des Vulkans Mount Tarawera mit ihrem Leben. Heute ist die Gegend ein Touristenmagnet.

Reiseführer für Neuseeland

Reiseliteratur zum schönsten Ende der Welt gibt es reichlich. So gut wie alle Reiseverlage haben auch Neuseeland im Programm. Wir stellen euch die hilfreichsten Reiseführer vor.

Ab ins Flugzeug und auf nach Neuseeland

Mehr und mehr Touristen strömen nach Neuseeland. War das Land am anderen Ende der Erdkugel noch vor wenigen Jahren ein absoluter Geheimtipp, so kann man heute schon fast von einem Standard-Reiseziel sprechen. Doch wie erreicht man dieses ferne Paradies?

Air New Zealand – best airline ever

In diesem Beitrag erzählen wir euch, wieso für uns Air New Zealand die beste Airline ever ist!

Das Wetter für deinen Neuseeland-Urlaub

Das Wetter in Neuseeland kann wie in Deutschland sehr launig sein. Womit ihr rechnen dürft sagen wir euch in diesem Beitrag

Immer im Kreis herum – Roundabouts in New Zealand

Nach der langen Anreise aus Deutschland ist man erschöpft und übernimmt (trotzdem) den Camper. Kaum ist man vom Hof des Verleihers gefahren, wird man vor die zweite*) Herausforderung im neuseeländischen Straßenverkehr gestellt: der Kreisverkehr – und dessen Steigerung: der zweispurige Kreisverkehr.

Works End

Der Verkehr an Baustellen im ländlichen Neuseeland wird vielfach durch einen „Flagman“ geregelt. Zu Beginn und am Ende der Baustelle regelt dieser, von welcher Seite aus der Verkehr die Baustelle passieren kann.

Kriminalität in Neuseeland

Neuseeland ist eines der sichersten Länder der Welt doch auch hier geschehen ab und zu unschöne Vorfälle.

Liegen die Papiere & Dokumente bereit?

Wie heißt es in einem deutschen Sprichwort so schön: Erst die Pflicht, dann die Kür. Im Falle der Reisevorbereitung stimmt dies sogar. Wir sagen euch, welche Papiere ihr mitnehmen solltet.

Rundreise: In 37 Tagen um die neuseeländische Nord- und Südinsel

Eure Anfrage lautete: Was können wir alles in 37 Tagen auf der Nord- und der Südinsel sehen. Wir haben geantwortet und euch einen Plan zusammengestellt.

Im Interview: Philipp, Gründer der Backpacker-App Backpario

Philipp ist Neuseelandreisender und Gründer der App Backpario. Die App unterstützt Backpacker beim Organisieren ihrer Reise. Hier gibt es das ganze Interview.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (1 Bewertungen: 5,00 von 5)
Loading...